Das Klo meines Onkels – oder: Was tun, wenn dich Emotionen im Griff haben?

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Mein Onkel und meine Tante hatten ein für mich gleichermaßen faszinierendes wie furchterregendes Klo. Das Gästeklo selbst war nicht außergewöhnlich, aber der Weg dorthin.

In meiner Kindheit besuchten wir einmal im Jahr meine Verwandten. Besonders freute ich Naschkatze mich immer auf die legendären selbstgemachten Weihnachtskekse meiner Tante. Die Familie wohnte in einem alten Mühlenhaus, an dessen Rückseite ein Schweinestall angebaut war. Das Klo befand sich am Ende des Anbaus. Man musste an den Schweinen vorbei, um zum Örtchen zu kommen.

Es waren nur wenige, ganz helle Schweine und sie waren in einem abgetrennten Abteil im Stall. Doch für mich, 4-jähriges Mädchen, waren sie furchteinflößend riesig. Und sie machten bedenkliche Geräusche. Ich druckste herum, wenn ich aufs Klo musste, zappelte unruhig mit den Beinen und zögerte es immer so lang wie möglich hinaus. Bis mich meine Tante eines Tages fragte: „Musst du? Du weißt ja, wo’s ist.“ Und in meiner Verzweiflung rief ich: „Ich will nicht zu den weißen Elefanten!“

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Über meinen kindlichen Aufschrei lachten die Erwachsenen um mich herum noch Jahre später bei Familientreffen. Das Mühlenhaus wurde inzwischen abgetragen und durch ein modernes Wohngebäude ersetzt. Heute finde ich Schweine gut. OK, ich würde mich nicht drum reißen, durch einen Schweinestall aufs Klo zu gehen. Doch ich hätte keine Angst mehr.

Was hat sich geändert? Mein Körper ist gewachsen und ich blicke von weiter oben auf meine Umwelt, eine ganz andere Perspektive als früher als kleines Mädchen. Über die Jahrzehnte sammelte ich freud- und leidvolle Erfahrungen, durchlebte (fast) alle Gefühlslagen, kämpfte mich durch oder gab auch mal auf. Mein Blick auf das Leben veränderte sich, ich wuchs auch innerlich. Was mir damals vorkam wie riesige Elefanten, sind heute einfach nur … Schweine.

 

Wenn du deine Umwelt noch immer aus Kinderaugen betrachtest

Manchmal ist es jedoch so, dass du zwar körperlich wächst, deinen kindlichen Blick zu bestimmten Lebensthemen jedoch behältst und mit in dein Erwachsenen-Leben ziehst.
Obwohl du schon wesentlich mehr Erfahrung und Erwachsenen-Ressourcen in dir trägst, reagierst du in bestimmten Situationen aus deinem Kind-Ich, mit all den dazu abgespeicherten Frustrationen und Ängsten. Es ist, als ob ein Teil von dir nicht erwachsen werden konnte.

Warum ist das so?

Aus der Entwicklungspsychologie ist bekannt, dass uns die ersten sieben Lebensjahre am intensivsten prägen. Aus allen wunderbaren, abenteuerlichen, liebevollen aber auch beängstigenden oder traumatischen Erfahrungen dieser Zeit basteln wir unsere kindliche Landkarte des Lebens. Sie soll uns Halt geben und uns vor Gefahren und Verletzungen schützen.

Du merkst dir Sätze wie:
„Ich versteck mich vor Tante Uschi, damit sie mir zur Begrüßung nicht wieder so einen feuchten Schmatz auf die Wange drücken kann.“

„Mein Papa wird stinksauer und schimpft, wenn ich beim Wandern zu weit vorausgehe und er mich nicht beschützen kann.“

„Wenn ich traurig bin, nimmt Omi mich in den Arm und tröstet mich.“

„Mit dem Roller den Abhang runter zu fahren, ist das aufregendste und freieste Gefühl auf der Welt!

Beängstigende Gedanken und Gefühle prägen sich ganz besonders tief ein. Wir entwickeln daraus Schutzstrategien und nehmen sie manchmal unbewusst mit in unser Erwachsenen-Leben. Dann sehen wir herausfordernde Lebenssituationen immer noch aus der Kinder-Perspektive. Und das, obwohl wir heute schon viel größer, reifer und erfahrener sind und günstigere Lösungsmöglichkeiten haben. Doch wir stecken noch in der alten Erfahrung fest.

Das wäre bei mir so, wenn ich heute die Schweine von damals immer noch als große weiße Elefanten empfinden würde und Angst vor ihnen hätte. Objektiv kleine und machbare Herausforderungen des Alltags könnten mir in meiner kindlichen Ängstlichkeit übergroß erscheinen.

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Was sind deine weißen Elefanten?

Nun nochmal zurück zu meiner ursprünglichen Klo-Geschichte.
Erlebst du dich in manchen Lebenssituationen wie ferngesteuert? Die Gefühle und Gedanken tauchen automatisch in dir auf. Du kannst sie nicht kontrollieren und reagierst deshalb emotional unangemessen, völlig überzogen oder hysterisch? Oder du ziehst dich komplett zurück?

Vielleicht hast du deine eigenen „weißen Elefanten“, die du noch mit dir herumträgst. Gefühls- und Gedankenmuster, die du dir als Schutzschild eingeprägt hast, um zurechtzukommen. Wenn du am wunden Punkt getroffen wirst, betrachtest du eine Herausforderung noch mit Kinderaugen, obwohl du heute schon Erwachsenen-Möglichkeiten zur Verfügung hast. Unbewusst empfindest du noch die kindlichen Ängste und Frustrationen, obwohl die heutige Situation mit damals nichts zu tun hat. Du befindest dich nicht im Hier und Jetzt sondern rutschst ungebremst in eingeprägte vergangene Geschichten.

 

Wie erkennst du, ob du noch in kindlichen Emotionen feststeckst?

Es gibt eine einfache aber zielführende Methode, die Stefanie Stahl (Psychologin, Psychotherapeutin und Autorin) in ihren Büchern und Podcasts beschreibt:

  • Stell dir vor, du bist ein Richter oder eine Richterin, die deine Situation ganz neutral von außen betrachtet. Was siehst du? Was genau läuft ab? Wer macht was? Keine Emotionen, halte dich nur an die Fakten.
    Sind deine Gefühlsausbrüche oder sonstigen Reaktionen der Situation angemessen? Haben sie überhaupt etwas mit der jetzigen Situation zu tun?

Wenn du merkst, dass du – aus der Richter-Position betrachtet – überzogen reagierst, ist es naheliegend, dass du noch in alten, unverarbeiteten Erfahrungen hängst. Du bekommst nach dieser Übung vielleicht auch schon ein erstes Gefühl, womit es zu tun haben könnte, woher du diese Gefühle von früher kennst. Aus deiner Kindheit oder Jugend?

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Wie kommst du da raus?

 

  1. Gefühle anerkennen:

Zuerst ist es wichtig, deine Gefühle zu respektieren. Als du Kind warst, waren sie gerechtfertigt. Du hattest nicht so viele Wahlmöglichkeiten wie heute und warst einer belastenden Situation vielleicht ohnmächtig ausgeliefert. Es ist damals nicht ideal für dich gelaufen und das ist schade.

Du hast dir als Kind große Mühe gegeben, die für dich richtige Schutzstrategie dazu aufzubauen. Das war klug und eine große Leistung. Erkenne es an. Lobe dein „inneres Kind“, die Kleine oder den Kleinen in dir. Das war echt stark!

 

  1. Erwachsenen-Perspektive einnehmen:

Erkläre der Kleinen / dem Kleinen in dir, dass du nun erwachsen bist. Du bist groß und hast inzwischen viel gelernt. Spüre, dass da zwei unterschiedliche Anteile in dir sind: Das Kind-Ich und das Erwachsenen-Ich. Du als Erwachsene kannst dein „inneres Kind“ nun trösten, schützen und ihm zureden. Bedanke dich bei deinem Kind-Ich nochmal für die Schutzmaßnahmen, die es getroffen hat. Das war sehr mutig und über die Jahre sicher auch anstrengend. Erkläre ihm oder ihr, dass du nun neue Wege findest, um mit deinem Problem umzugehen.

 

  1. Es ist vorbei:

Mach dir klar: Es ist vorbei. Es war, wie es war. Was immer damals passiert ist, irgendwie hast du es überlebt. Du bist jetzt hier.

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Achtung – Erinnerungen sind manchmal trügerisch

Hast du das auch schon erlebt? Du erzählst von einer Begebenheit aus deiner Kindheit, doch dein Bruder oder deine Schwester haben völlig andere Erinnerungen daran. Was stimmt nun? Hast du dich getäuscht?

Erinnerungen sind subjektiv. Sie sind verbunden mit deinen Gefühlen und Gedanken dazu. Im Lauf der Jahre basteln wir uns um manche früheren Geschehnisse regelrecht unsere eigenen Geschichten. Damit rechtfertigen wir unsere Handlungen von damals, weil wir uns dann besser fühlen. Oder wir versuchen einfach nur, durch unsere eingeprägten Geschichten das Vergessen des Erlebten aufzuhalten. Was auch immer, es ist nicht gesagt, dass Erlebnisse aus deiner Erinnerung damals tatsächlich genauso stattgefunden haben. Für dich war es so, du hast es so abgespeichert.

Oft nehmen Geschwister ihre Eltern in gemeinsam erlebten Situationen unterschiedlich wahr. Jeder Bruder und jede Schwester speichert seine bzw. ihre ganz eigenen, subjektiven Gefühle, Gedanken und Geschichten zum Erlebten ab.
Und manchmal werden uns von Verwandten Geschichten aus unserer Baby- und Kleinkindzeit so oft erzählt, detailliert und ausgeschmückt, dass wir mittlerweile sicher sind, sie selbst so erlebt zu haben. Doch auch diese sind subjektiv. Es sind die individuellen Geschichten unserer Tanten und Onkel, Omas und Opas. Manches scheint in den Erzählungen deckungsgleich, doch jeder von ihnen hat seine eigenen Gefühle und Gedanken dazu.

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Bewusst zurückerinnern können wir uns meist nur bis zum vierten Lebensjahr. In diesem Alter nahmen wir uns bereits als eigenständiges Wesen wahr und konnten uns in Worten ausdrücken. Alles, was sich davor in uns eingeprägt hat, können wir nicht über unser sprachgebundenes Gedächtnis abrufen. Solche älteren Erfahrungen sind über Bilder oder Körpergefühle in uns gespeichert. In körperorientierten Therapien ist es möglich, sie aus dem Zellgedächtnis abzurufen und nachträglich zu verarbeiten.

Ehrlich gesagt, die Geschichte mit den weißen Elefanten wurde mir so oft erzählt, dass ich glaube, mich selbst gut daran zu erinnern. Doch tu ich das wirklich? Oder habe ich die erzählte Geschichte zu meiner eigenen gemacht?
Ich frage mich das oft, denn immer wieder stelle ich fest, wie trügerisch manche meiner Erinnerungen sind.

Anmerkung: Ich schreibe hier bewusst nicht von traumatischen Erfahrungen, die sich bei den Betroffenen sehr detailliert einprägen. Und ich stelle diese Erlebnisse nicht in Frage. Die daraus resultierenden belastenden Gefühls- und Gedankenmuster sollten mit Hilfe erfahrener Therapeut:innen aufgearbeitet werden.

 

Wie weißt du, ob es sich um deine eigene Erinnerung handelt?

Hier eine kurze Übung, die dir dabei helfen kann, herauszufinden, ob du dich wirklich selbst erinnerst oder die Erzählungen anderer als Erinnerung übernommen hast.
Probier das mal aus:

  • Sieh deine inneren Bilder der Kindheitserfahrung nochmal vor dir. Wie erlebst du dich dabei? Siehst du aus deinen eigenen Augen, aus deiner Kind-Perspektive, was um dich herum passiert? Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass es deine eigene Erinnerung ist.
    Oder siehst du dich in deinem inneren Film von außen? Beobachtest du dich und was passiert als außenstehende dritte Person? Dann liegt nahe, dass deine „Erinnerung“ mehr aus den Erzählungen anderer Personen gespeist wird.
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Willst du deinen weißen Elefanten auf die Spur kommen?

Na, wie sieht’s aus? Bist du mutig?
Ich kann dir aus eigener Erfahrung und aus dem Erleben mit meinen Klient:innen sagen: Es lohnt sich für dich. Die Erleichterung im Moment der Erkenntnis ist unbezahlbar. Du weißt dann, wie du tickst und das eröffnet dir neue Wahlmöglichkeiten und Perspektiven.

Wenn du auf deiner Entdeckungsreise Unterstützung möchtest, melde dich bei mir.
Mit meiner effektiven und bewährten Kombination aus Kinesiologie und systemischen Methoden bin ich für dich wie ein Katalysator. Du kommst effizienter und schneller an dein Ziel. Und du bist dabei nicht allein.

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Hier noch eine Buchempfehlung zum Thema (besonders unsere verschiedenen Schutzstrategien sind darin wunderbar erklärt):

Stefanie Stahl: „Das Kind in dir muss Heimat finden“