Du bist OK – oder: Wenn repariert schöner ist als neu.
4 effektive Übungen, um Mangelgefühle zu erkennen und zu verändern.

Ich stehe vorm Badezimmerspiegel, zahlreiche Makeup-Utensilien liegen aufgereiht neben dem Waschbecken. Teure Pinsel, Schwämmchen, Foundation, Concealer, Bronzer, Rouge, Lidschatten, Mascara … ein ganzes Arsenal.

Niemand soll heute meine zahlreichen roten Flecken im Gesicht sehen, die Unregelmäßigkeiten und Imperfektionen, all das wird von mir kunstvoll abgedeckt. Stattdessen erstrahlt mein Gesicht in modernem „Glow“, alltagstauglich und nicht ganz so übertrieben wie bei mancher Influencerin auf Social Media.

„Jeden Tag dieser Aufwand“, denke ich, „und mit den Jahren dauert es immer länger“.

Doch ich habe heute nicht den Mut, ungeschminkt aus dem Haus zu gehen. Und mich beschleicht der Gedanke, dass ich nicht nur mein Gesicht optimiere, bevor ich mich der Öffentlichkeit zumute. Ich achte auf abgestimmte Kleidung und auf dem Weg nach draußen frage ich mich, ob ich mit meinem kleinen Auto bei meinem Kunden wohl den richtigen Eindruck erwecke.

Was ist bloß los mit mir?

 

Kennst du das auch?

Viele von uns plagen sich mit Mangelgedanken, mit dem entmutigenden Gefühl nicht OK zu sein. Häufig beziehen sie sich auf unsere Fähigkeiten oder unseren Wert als Person. Alte Verletzungen haben uns sensibel und verwundbar gemacht. Daher schützen wir uns vor erneuter Kritik und Ablehnung, indem wir eine möglichst perfekte Fassade aufbauen.

Doch das wird mit der Zeit zunehmend anstrengend. Und wir tragen immer die Sehnsucht in uns, so geliebt zu werden wie wir sind, unverfälscht und echt. Uns fehlt nur der Mut uns so zu zeigen.

 

Dein Engpass

Justus von Liebig war ein Pionier der organischen Chemie und seine Theorie des Minimumgesetzes besagt: Das Wachstum einer Pflanze orientiert sich an dem Nährstoff, den sie am wenigsten besitzt. So kann eine Pflanze in gutem Boden mit ausreichend Sonne und Wasser versorgt sein. Wenn ihr jedoch Stickstoff fehlt, wird sie nicht gedeihen. Da nützt es auch wenig, mehr Kalium zu geben, wenn Stickstoff ihr größter Engpass ist.

Das heißt – auf dein Leben bezogen – soviel wie „eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“ oder „eine Fußballmannschaft ist nur so gut wie ihr schwächster Spieler“.

Betrachte dich selbst also als ein Fass mit Ressourcen, die du aus Erfahrungen in deiner Kindheit und Jugend entwickelt hast.

Du kannst noch so gebildet, motiviert oder gut vorbereitet sein. Wenn es dir zum Beispiel eklatant an Sicherheitsgefühl mangelt, werden deine Stärken das nicht aufwiegen. All deine Gedanken, Gefühle und dein Verhalten müssen den Sicherheits-Engpass überwinden. Das bedeutet einen enormen Energieaufwand und so schlägst du dich mutlos unter Wert.

Es ist auch nur bedingt hilfreich deine „Stärken zu stärken“, dein individueller Engpass schränkt dich in der Entfaltung deines Potentials immer wieder ein. 

 

Topfe dich um

Du kannst lernen, deinen Engpass zu erkennen und zu lösen. Dazu ist es nötig, hinter deine gut gepflegte Fassade zu blicken.

Da wir bei uns selbst bei Themen unter der Oberfläche oftmals „betriebsblind“ sind, ist es ratsam sich hilfreichen professionellen Input von außen zu holen. Ein guter Coach ermöglicht dir anhand gezielter Fragen, Prozesse und Übungen, deinen primären Engpass aufzuspüren. In manchen Fällen ist allein damit schon viel gewonnen.

Erfahrungsgemäß bringt es jedoch erst dann für dich nachhaltige Verbesserung, wenn du – gut angeleitet – wichtige alte Verletzungen und damit verbundene belastende Gefühle spürst und verarbeitest. Es wird so der Weg frei für neue Gedankenmuster und Handlungsstrategien, die du in deinen Alltag einbauen kannst.

Es ist so, als ob du dich in frische Erde umtopfst. Damit wachsen dir neue Wurzeln und deine Blätter und Blüten bekommen neue Energie. Du entwächst deinem Engpass.

4 effektive Übungen, die du selbst sofort anwenden kannst, um deinem wichtigsten Engpass auf die Spur zu kommen:

 

  1. Achtsamkeit:

Fang damit an, dich selbst im Alltag zu beobachten, zum Beispiel bei deiner Morgenroutine im Badezimmer oder nach einem Treffen mit Freunden oder Kollegen. Wie fühlt sich dein Körper an? Spürst du irgendwo Druck oder Anspannung? Wo konkret? Lege deine Hand dorthin. Wie genau fühlt es sich hier an? Welche Gedanken gehen dir gerade durch den Kopf? Welche Fragen stellst du dir?

Wenn du diese Übung regelmäßig machst, wirst du feststellen, dass immer wieder ähnliche Gedanken und Fragen in dir auftauchen. Sie sind bereits ein guter Hinweis auf deinen primären Engpass.

  1. Deinen Gedanken und Gefühlen Raum geben:

Bei deiner Achtsamkeitsübung aus Punkt 1 kann ein konkreter belastender Gedanke oder ein intensives Körpergefühl wie Druck, ein Stechen, Spannung oder Ähnliches auftauchen.

Im Alltag versuchst du, diesen Wahrnehmungen auszuweichen. Denn wir alle streben nach schönen, lustvollen, angenehmen Erfahrungen. Unlust und Unangenehmes wollen wir tunlichst vermeiden.

Nun jedoch nimmst du dir Zeit und gibst deinem unguten Körpergefühl und den Gedanken dazu Raum in dir. Wichtig dabei: Bei intensiven traumatischen Emotionen benötigst du therapeutische Begleitung.

Schließe deine Augen und stell dir vor, in deinem Inneren, im Brust-/Bauchraum, gibt es ein wunderschönes Kinderzimmer. Eines, wie du es dir immer gewünscht hast. Großzügig, farbenfroh, mit viel Liebe eingerichtet. Und nun lade deine Köpergefühle und schweren Gedanken ein, darin zu wohnen.

Schenke ihnen diesen wunderschönen Raum. Zeig ihnen, dass sie willkommen sind, dass sie da sein dürfen, einen Platz in dir haben. Spüre, wie sie sich in diesem inneren Zimmer in dir ausbreiten.

Du wirst merken, dass unangenehme Gefühle dabei nicht lange anhalten. Wenn du deinem Inneren erst mal die Sicherheit gegeben hast, dass diese Gefühle ihren berechtigten Platz in dir verdienen, verlieren sie an Intensität. Du wirst feststellen: „Ich halte das aus. Ich überlebe das.“

Daraus erwächst eine besondere Kraft in dir. Und aus dieser Kraft gewinnst du immer mehr Sicherheit. Aus dieser Sicherheit entwickelst du neue Gedanken, Strategien und Handlungsperspektiven. Du erweiterst deine Wahlmöglichkeiten. Wie schön!

 

  1. Ertappen und Umschalten:

Stefanie Stahl, eine sehr populäre deutsche Psychotherapeutin und Autorin, predigt in ihren Veröffentlichungen ihr Mantra „Ertappen und Umschalten“.

Je achtsamer du wirst und je mehr Raum du deinen alten belastenden Gefühlen in deinem Inneren gibst, desto öfter werden dir im Alltag Situationen auffallen, in denen dich dein Engpass-Gedankenmuster einholt. Du wirst dich immer öfter aufmerksam dabei ertappen und hast so die Möglichkeit, gleich auf deine neue Strategie umzuschalten.

Es ist völlig normal, wenn du dich besonders zu Beginn noch oft in deinem ursprünglichen, belastenden Gedanken-, Gefühls- und Handlungsmuster wiederfindest. Bleib dran, gib nicht auf! Mit jedem Ertappen machst du einen Schritt in deiner Bewusstseins-Entwicklung und mit der Zeit werden die Abstände immer größer.

Ich habe mir angewöhnt zu lächeln, wenn ich mich selbst ertappe. Einerseits, um mich daran zu erinnern, dass ich gerade wieder einen guten Schritt vorwärts mache, andererseits, um mich selbst nicht über Gebühr ernst zu nehmen. Humor hilft.

 

  1. Automatisches Schreiben:

Diese Übung hat sich für mich schon oft als erstaunlich und sehr effektiv herausgestellt. Besonders gerne mache ich sie gleich morgens nach dem Aufstehen, noch vor dem Zähneputzen. Denn ich bin einer jener Menschen, bei dem die Gedanken schon vor dem Aufschlagen der Augen volle Fahrt aufnehmen.

Auch abends vor dem Einschlafen hilft das automatische Schreiben ganz wunderbar, um die Ereignisse des Tages zu verarbeiten und zur Ruhe zu kommen. Finde heraus, wann es für dich am besten passt, einmal täglich reicht.

So funktioniert’s: 

Nimm leeres Papier und einen Stift. Stelle einen Timer auf mindestens 10 Minuten – 15 oder 20 sind nach einigen Tagen Übung (und wenn es dir guttut) auch fein.

Nun beginne zu schreiben, was dir einfällt, alle deine Gedanken, so wie sie auftauchen. Du brauchst dabei nicht auf Rechtschreibung und Satzzeichen zu achten. Keine Beschönigungen, keine Korrekturen. Das Ganze ist nur für dich, niemand sonst wird es lesen. Du kannst dich praktisch „auskotzen“, wenn dir danach ist, oder in Träumen schwelgen.

Wenn dir innerhalb der gesetzten Zeit mal nichts einfällt, mach einfach Kringel mit deinem Stift oder schreibe „mir fällt nichts ein“ oder Ähnliches. Wichtig ist, dass du den Stift die ganze Zeit über nicht absetzt. Gerade nach solchen Leerläufen ergeben sich oft erstaunliche neue Gedankenstränge und Erkenntnisse. Nach Ablauf der Zeit hörst du auf zu schreiben. Du brauchst nichts weiter zu tun.

Nicht nur einmal ermöglichte mir diese Übung Blicke hinter die Oberfläche meiner Ärgernisse und Mangelgefühle, sodass ich unbewusste Wunden, Verletzungen aber auch einfach nur versteckte Irrtümer erkannte. Das wünsche ich dir auch.

Wenn repariert kostbarer ist als neu

Kintsugi ist die alte japanische Kunst, zu reparieren, was zerbrochen ist. Dabei werden Keramikscherben mit Hilfe von Goldpuder zu neuen Kunstwerken zusammengesetzt, die noch besonderer und kostbarer sind als die ursprünglichen Werke.

Die Philosophie spiegelt eine besondere Achtung vor dem verletzlichen und zerbrechlichen Zustand des Lebens wider. Wir lernen, unsere gefühlten Schwächen und Risse als Kraftquellen anzuerkennen und sie als Teil von uns anzunehmen. Diese innere Stärke trägt uns durch schwierige Zeiten und hilft uns nach Niederlagen wieder aufzustehen.

Willst auch du dich von anhaltenden Mangelgedanken befreien, deinen Engpass aufspüren, deine Risse mit Gold auffüllen und so zu einer noch kostbareren, kraftvolleren Version von dir selbst werden?

Wenn du dafür Unterstützung suchst, melde dich bei mir.

Ich arbeite mit einer sehr effektiven Kombination aus Kinesiologie und systemischen Methoden, die in kurzer Zeit Veränderung für dich ermöglicht.

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Hier ein sehr empfehlenswertes Buch von der Verletzlichkeits-Forscherin und Autorin Brené Brown: 

Verletzlichkeit macht stark

 

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Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie tu tickst, was hinter deinen wiederkehrenden Konflikten oder Selbstzweifeln steckt und wie du sie lösen kannst:

P.S.: Ich selbst habe inzwischen viel mehr gute als schlechtere Tage. Mein Makeup verwende ich weiterhin, manchmal mehr und manchmal nur ganz wenig. Meine Motivation dafür ist heute jedoch eine andere, denn ich mag mich nicht mehr verstecken 😉